Die Nacht von Donnerstag auf Freitag: wir besetzen den Bauplatz des LNG-Terminals. Zunächst kämpfen wir uns durch die Büsche und suchen einen geeigneten Platz um unser Camp aufzubauen. Dabei versinken immer wieder im Schlamm. Es gibt lange Streifen an denen das Wasser so hoch steht, dass wir drum herum laufen müssen. Endlich haben wir die Tripods an einen geeigneten Ort gebracht und bauen sie auf.

Jetzt müssen wir nur noch den Rest des Gepäcks herüberschleppen: berüchtigt sind die 20 Liter-Wasserkanister. Manch eine Person glaubt am Anfang noch, 2 auf einmal tragen zu können, aber keiner hält das durch. Wir bauen kleine Brücken aus Paletten über die Schlammlöcher und stecken Stöcker as Wegmarkierungen in den Boden, damit wir den Weg finden und nicht unnötig im hohen Gras lebende Tiere stören.

Tag 1: Das Gesundheitsamt ruft an. Wir erklären ihnen unsere Hygieneregeln und schicken ihnen einen Tag später ein förmliches Hygienekonzept, das sie ausdrücklich lobend annehmen.

Der Bürgermeister von Brunsbüttel stattet unserem Camp einen Besuch ab. Sagt, die Marktwirtschaft sei gescheitert, aber für das Terminal habe er trotzdem stimmen müssen. Erst später fällt uns auf, dass seine Aussagen sogar auf zynische Art und Weise zusammenpassen, weil das Terminal auch noch zur Hälfte vom Bürger bezahlt wird. Und das ohne irgend einen Klimanutzen.

Tag 2: Ein Polizist taucht auf. Er scheint eher genervt zu sein, dass er sich mit uns abgeben muss und sagt nur: „ja, wir können nicht garantieren, dass wir nochmal wiederkommen“. Als ob uns das irgendwie stören würde.

Auch die örtliche Initiative gegen das LNG-Terminal besucht uns und erzählt uns viele fachliche Dinge zum LNG-Terminal. Ein Mensch von der Deutschen Umwelthilfe und einer von Food & Water Europe rufen an und bieten uns an, spontan einen Workshop auszurichten. Wir setzen den Workshop für Donnerstag an, Mittwoch wollen wir das Camp abbauen – zumindest vorübergehend, aber wenn die Politik sich nicht ändert, werden wir wohl wiederkommen müssen.

Das Campleben macht einfach Spaß. Wir sind mitten in der Natur, haben eine schöne Aussicht und sind 24/7 an der frischen Luft. Wir kochen lecker veganes Essen, bilden uns bei Workshops über Kreuzfahrten, , machen Solibilder für die Proteste gegen die rassistische Polizeigewalt in den USA oder schreiben Postkarten an gefangene Aktivistis. Anwohner bringen eine Gitarre vorbei, trommeln kan man ja sowieso auf allen möglichen Gegenständen und schon ist auch für die akustische Untermalung gesorgt. Wer Sport machen will macht Yoga – wir haben sogar Yogamatten, was für ein Luxus – oder klettert auf einen der Tripods.

Tag 3: Wir werden unsanft von der Polizei geweckt. Angeblich möchte sie nachgucken, ob unsere Feuerstelle auch vorschriftsgemäß gesichert ist. Wir sind irritiert, dass unsere tollen Holzvergaser mehr Aufmerksamkeit kriegen als das Giftgas in der Chemiefabrik oder der Atommüll direkt neben dem besetzten Bauplatz. Später kommt noch ein Mensch von der Piratenpartei vorbei und versichert uns seine Unterstützung.

Tag 4: Wenn man sich in der Umgebung umschaut findet man viel erfreuliches. Zum Beispiel mehrere große Solarparks, die von Schafen „gemäht“ werden. Mit gemischten Gefühlen entdecken wir den Windanlagenbauer Senvion, der Konkurs anmelden musste, weil die Bundesregierung den Ausbau der Windenergie in den letzten zwei Jahren um 80% gesenkt hat. Und auch einen Elektrolyseur gibt es – er steht auf dem Gelände von Covestro, aber er verarbeitet Wind und Sonnenstrom zu Wasserstoff und nicht giftiges Phosgen. Wir fragen uns, warum die Bundesregierung Erdgasimportinfrastruktur die fast den gesamten Jahresbedarf Deutschlands nochmal extra importieren kann, neu baut, während sie gleichzeitig so viel von Wasserstoff schwätzt. Wasserstoff transportieren kann ein LNG-Terminal jedenfalls nicht.

Tag 5: Wir bauen ab – mit Wehmut, denn die Aktion hat uns allen viel Freude bereitet. Wir sind uns einig: falls die Regierung das LNG-Terminal nicht stoppt, kommen wir wieder. Und dann bleiben wir etwas länger auf diesem interessanten Fleckchen Erde.