Wo immer Regierungen, Unternehmen und Abgeordnete öffentlich mit der Zerstörung unseres Planeten konfrontiert werden, bewegen sich die Reaktionen zumeist auf einem Spektrum von „Das ist doch alles Hysterie!“, über „Ja, aber die Arbeitsplätze!“ und „Ihr seid doch selbst schuld, wenn ihr Produkte von umweltzerstörenden Unternehmen kauft“ zu „Wir müssen in innovative, ressourcenschonende Technologien investieren!“. Wie das alles zusammenhängt und warum uns nichts davon helfen wird, wollen wir hier kurz beleuchten.

Die erstgenannte Reaktion ist natürlich einfach absurd. Die Faktenlage zur Klimakatastrophe ist im Großen und Ganzen eindeutig. Das heißt nicht, dass wissenschaftliche Einschätzungen nicht umstritten sind oder nicht hinterfragt werden sollen – ihre Angreifbarkeit macht eine Aussage ja gerade wissenschaftlich – aber schlicht zu behaupten, es gebe keine menschengemachte Zerstörung unserer Lebensgrundlagen und deswegen müssten wir auch nichts ändern, steht jedem wissenschaftlichen Befund entgegen. Die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits an vielen Stellen dieser Erde deutlich sichtbar.

Unser Wirtschaftssystem

Die anderen, ernstzunehmenderen Reaktionen machen vor allem eins deutlich: Im Zentrum der Klimakatastrophe steht unser Wirtschaftssystem. Wie könnte es auch anders sein? Das, was unser Verhältnis zur Natur bestimmt, ist die Art und Weise, wie wir uns in ihr einrichten, das heißt: Wie wir der Natur Stoffe entnehmen, um damit unsere Bedürfnisse zu befriedigen, wie wir Stoffe, die dabei entstehen, wieder in die Natur entlassen, und so weiter; kurz: Wie wir wirtschaften.

Im Moment wirtschaften wir im Kapitalismus, in einer Marktwirtschaft. Das bedeutet, dass alle Dinge, die wir produzieren und die wir nehmen auf einerm Markt gehandelt werden und es dabei vor allem um Geld geht. Wir produzieren also Dinge vor allem um dafür Geld zu bekommen und davon möglichst viel. Damit wir Auswahl haben, in dem was wir kaufen können oder eben auch bestimmte Statussymbole, also Anerkennung kaufen können. Es lernt also jedes Kind: Ein Unternehmen, das keinen Gewinn macht, muss sehr bald schließen. Angetrieben durch den Konkurrenzdruck auf dem Markt muss der Profit dann genutzt werden, um im nächsten Jahr noch mehr Profit zu machen – es muss investiert werden. Oder es müssen neue Dinge zu verkaufbaren Waren gemacht werden.

Der Profit entsteht aber nicht einfach aus dem Nichts, sondern dadurch, dass Menschen arbeiten und Dinge herstellen. Und für diese Dinge braucht man Rohstoffe, die man aus der Natur entnimmt, und bei dieser Herstellung entstehen Abfallstoffe, die man wieder in die Natur entlässt. Die Natur ist aber nicht so endlos wie die Spirale aus Investition und Profit, das Wachstum wird bezahlt mit mehr Ressourcenverbrauch und mehr Müll. Für die Natur ist Kapitalismus also eine stete Abwärtsspiralre, an der kein CO2-Zertifikat der Welt und auch keine noch so effiziente Technologie etwas ändern wird.

Wirtschaftliche Lösungen für die Klimakatastrophe?

Die Zertifikate sind im Wesentlichen die Lösung, die unsere Bundesregierung vorschlägt. CO2-Zertifikate oder andere Formen einer „Bepreisung der Natur“ sollen den grundlegenden Mechanismus der Profitmaximierung beibehalten und mit den Mitteln des Marktes an bestimmten Stellen dafür sorgen, dass Profit mit weniger CO2-Ausstoß verbunden ist. Das bedeutet aber auch nur, dass die Zerstörung sich an andere Stellen verschiebt: Erdgas ist dafür das perfekte Beispiel. CO2-Zertifikate machen den Braunkohleabbau weniger lukrativ und Erdgas verbrennt wesentlich CO2-ärmer als Kohle – perfekt, nun lässt sich halt mit Erdgas Profit machen. Dafür trägt es aber durch Methan-Emissionen mindestens genauso stark zum Treibhauseffekt bei. Brauchen wir also einfach noch zusätzlich Methan-Zertifikate?

Dann brauchen wir aber auch Feinstaub-Zertifikate, FCKW-Zertifikate, Wassernutzungs-Zertifikate und was-nicht-alles für Zertifikate, bis jeder Teil der Natur sein eigenes Preisschild hat. Mal abgesehen davon, dass es schwierig ist, zu bestimmen, wie hoch denn dieser Preis nun jeweils sein soll (und der Frage ob wir das denn wirklich wollen), und auch abgesehen davon, dass dieser Preis von den Unternehmen einfach an die Konsument*innen durchgereicht wird, wird sich dadurch der Wachstumszwang nicht in Luft auflösen. Irgendwann wäre dieses Vorgehen im Kapitalismus „wirtschaftlich nicht mehr tragbar“, weil sich nirgendwo mehr Profit machen lässt. Und die Erfahrung zeigt, dass dieses „irgendwann“ doch schon sehr nah ist – bereits 10€ pro Tonne CO2 (was selbst nach Meinung konservativer Ökonom*innen viel zu wenig für nennenswerte Effekte ist) im sogenannten „Klimapaket“ der Bundesregierung sorgte für einen enormen Aufschrei in der Wirtschaft.

Technische Lösungen?

„Ja, aber sind denn neue, ressourcensparende Technologien nicht die Lösung? Das Wachstum kann weitergehen, während der Ressourcenverbrauch sinkt.“ – Nein. Sogar das Gegenteil ist der Fall. Während sich im letzten Jahrhundert die Produktivität (also die Effizienz unserer Technologien) ins Unermessliche gesteigert hat, ist der absolute Ressourcenverbrauch ebenso gestiegen. Warum? Weil im Kapitalismus der Profit durch Arbeit entsteht: Eine Ware ist umso teurer, je mehr Arbeitszeit in ihr steckt. Ein Beispiel: VW produziert die neue Serie an Blechkisten 10% effizienter. Was bedeutet das für VW? Nicht etwa: „Oh gut, dann verbrauchen wir jetzt weniger Ressourcen, um den Bedarf an Autos zu decken:“, sondern vielmehr: „Scheiße, dann müssen wir jetzt entweder 10% mehr Autos verkaufen, um denselben Profit zu machen, oder aber wir entlassen jede zehnte Arbeiter*in“. So wird also der absolute Ressourcenverbrauch am Ende sogar höher sein – oder eben eine Welle an Entlassungen die soziale Spannung im Land aufheizen. Wenn pro Passagier bei Kreuzfahrten der CO2-Ausstoß sinkt, hilft das nicht, wenn gleichzeitig soviel mehr Kreuzfahrten stattfinden, dass der Gesamtausstoß der Branche weiterhin steigt. Ressourcensparende Technologien sind natürlich wichtig, aber sie alleine werden uns nicht retten.

Arbeitsplätze

Wenn Politiker*innen, mit den entsprechenden Aktionär*innen und Unternehmer*innen im Rücken, bei jedem Kampf gegen zerstörerische Industrien (Braunkohle, Autos etc.) zuerst auf die Gefahr für „Arbeitsplätze“ verweisen, ist das ziemlich heuchlerisch. Da im Kapitalismus jede*r ihre Arbeitskraft verkaufen muss, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, wird damit der Eindruck erweckt, als ginge es um das Leben der Arbeiter*innen.

Aber es geht immer um den Profit, der mit diesen Arbeitsplätzen gemacht wird. Es ist ja auch nicht so, als gäbe es nicht genügend Arbeit, also schlicht Dinge die für unser Zusammenleben erledigt werden müssen oder als wüssten wir nichts mit freier Zeit anzufangen. Aber Arbeitsplätze kann es nur dort geben, wo jemand bereit ist, Arbeitskraft als Ware zu kaufen. Und dafür kann mensch nur bereit sein, wenn mit dieser Arbeitskraft Profit gemacht werden kann. Wo das nicht mehr funktioniert, da müssen eben Arbeiter*innen entlassen werden.

Besser konsumieren?

„Ok, aber selbst wenn der Staat uns nicht im Kampf gegen die Klimakatastrophe hilft, können wir das nicht einfach selber tun? Wir als Konsument*innen sind doch der bestimmende Faktor der Wirtschaft – Wenn niemand von Unternehmen kauft, die die Umwelt zerstören, dann zerstört auch niemand die Umwelt.“ Der Gedanke ist nicht wirklich falsch, aber die Widersprüche im Kapitalismus werden dadurch nicht aufgehoben. Auch das Unternehmen, dass versucht, „fair & sauber“ zu produzieren, muss jedes Jahr mehr produzieren als im Jahr davor und muss sich gegen Konkurrenz behaupten. Irgendwann ändert dann auch die grüne Verpackung nichts mehr daran, dass auch die saubersten Produkte nicht endlos hergestellt werden können. Gerade solche Unternehmen verkaufen neben den Produkten vor allem ein gutes Gewissen. Dass das der Umwelt nicht wirklich hilft, wird durch den interessanten Fakt deutlich, dass der CO2-Ausstoß einer Person vor allem vom Einkommen, weniger von konkreten Konsumentscheidungen abhängt.

Das Scheitern von Zertifikaten, bewussten Konsumentscheidungen und neuen „Green New Deals“ und ihren ressourcenschonenden Technologien und allen sonstigen Lösungsvorschlägen, die den Kapitalismus voraussetzen, zeigen also eindeutig: Wenn wir den Kapitalismus nicht überwinden, werden wir unseren Planeten zerstören. Aber die Staatsmächte sind an der Seite des Kapitals: Die Wahrung der „Eigentumsrechte“ steht an erster Stelle. Das heißt also auf deutsch: Ich kann den Planeten so viel zerstören wie ich will, solange ich es mit meinem Privateigentum tue. Wenn ich nun einmal diesen Kohlebagger und die Schürfrechte gekauft habe, um damit Profit zu machen, dann lässt sich daran nichts ändern und im Zweifelsfall verteidigt unsere Exekutive mit aller Gewalt die „Freiheit“ der Unternehmer*innen gegen die, die daran was ändern wollen.

Wir müssen die Dinge also in der Tat selbst in die Hand nehmen! Aber nicht alleine an der Supermarktkasse, sondern gemeinsam überall. Organisieren wir uns auf allen Ebenen: Direkte Aktionen an den Orten der Zerstörung, Mobilisierung und Meinungsbildung, Petitionen, Klagen und Streiks – alles kann dazu gehören. Aber der Kapitalismus, der gehört zu einer lebenswerten Welt ganz sicher nicht dazu.